Details News

Nachfolge besser früher als zu spät über die Unternehmensnachfolge nachdenken

Beschreibung

Ich habe einen interessanten Artikel in der Fachzeitschrift IWW gefunden.
Diesen zitiere ich hier. Er wurde verfasst von Markus Schwaible, Frankfurt.
Veröffentlicht: www.iww.de (11.03.2022)


Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) empfiehlt Unternehmen u. a. spätestens drei Jahre vor der gewünschten Übergabe mit konkreten Planungen und der Nachfolgersuche zu beginnen, um genug Zeit für Verhandlungen und ggf. Finanzierungsfragen zu haben.
PU erläutert, warum ein großzügig bemessenes Zeitfenster wichtig ist und welche fünf Phasen eine erfolgreiche Nachfolgeregelung kennzeichnen.

 1. Erkenntnisgewinn durch Studien
Auch dieses Mal wurden zu Jahresbeginn Studien zum erwarteten Nachfolge-geschehen in Deutschland veröffentlicht. Diese stammen regelmäßig vom DIHK und der KfW-Bankengruppe. Neben den beiden jährlichen Veröffentlichungen gibt das Institut für Mittelstandsforschung (IfM, Bonn) alle fünf Jahre eine Studie dazu heraus. Daraus wird ersichtlich, dass die Nachfolge in den meisten Fällen aus Altersgründen geregelt wird. In manchen Fällen zwingen aber auch Krankheit oder Unfall dazu, die Geschicke des Unternehmens in andere Hände zu legen. Zudem lassen die Studien Rückschlüsse auf das „richtige“ Alter für die Unternehmensnachfolge und das gegenwärtige Klima für die Nachfolge zu.  
1.1 Welches Alter ist das richtige?
Natürlich entscheidet jeder Unternehmer individuell, wann der Übergang vom aktiven Berufsleben zum Privatier erfolgen soll. Oft hört man Aussagen, mit 60 oder mit 70 sei der Übergang gewünscht. Steuerlich gibt es ab einem Lebensalter von 55 Jahren eine einmalige Vergünstigung für die Unternehmensübertragung. Diese Altersschwelle ist in der Praxis jedoch zu vernachlässigen.   Das IfM Bonn legt in seiner Fünfjahresprognose der zur Nachfolge anstehenden Unternehmen das klassische Renteneintrittsalter zugrunde. Im Jahr 2022 liegt dies bei 65 Jahren und 10 Monaten, im Jahr 2026 bei 66 Jahren und 4 Monaten. Da das Alter der Selbstständigen in allen Statistiken nur in vollen Jahren abgebildet wird, wurde das Alter von 66 Jahren zugrunde gelegt. Anders gehen dagegen der DIHK und die KfW vor, deren Auswertungen auf Befragungen basieren. Der DIHK fragt das Beratungsgeschehen der Kammern ab, während die KfW Unternehmerbefragungen durchführt. Daher ist das Alter der Unternehmensinhaber nicht relevant, sondern deren individuelle Planung. Das Durchschnittsalter liegt laut KfW-Monitoring bei 66 Jahren. Das bestätigt den Ansatz des IfM.  

1.2 Auswirkungen der Coronamaßnahmen auf das Nachfolgegeschehen
Während der DIHK-Report für 2021 noch aussteht, adressiert das KfW-Monitoring ganz klar die Auswirkungen der politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie auf das Nachfolgegeschehen. Hierbei handelt es sich um einen externen Schock wie zuvor schon bei der Finanzmarktkrise. Beides hat(te) negative Auswirkungen auf die zu erwartenden Unternehmensbewertungen ‒ sowohl hinsichtlich der Ertragskraft der Unternehmen als auch der Bewertungsmultiplikatoren. In solchen Konstellationen ist es hilfreich, wenn man zeitlich flexibel beim Übergabezeitpunkt sein kann. Wer sich gezwungen sieht, in einer solchen Situation zu verkaufen, kann sehr schnell einen großen Teil der im Betrieb gebundenen Alterssicherung durch Marktschwankungen verlieren. Daher ist es nicht überraschend, dass insbesondere die familieninterne Nachfolge im Berichtszeitraum im Vordergrund stand.   Zitat aus dem Nachfolge-Monitoring Mittelstand 2021 der KfW„In Krisenzeiten deutet sich eine ‚Renaissance der Familie‘ an. Nicht nur der Anteil realisierter, familieninterner Übergaben ist gestiegen. Im Zuge der Coronakrise der Jahre 2020 und 2021 verschieben sich die Präferenzen auch aus der Sicht der Mittelständler in Richtung Familiennachfolge.“ 
2. Der Nachfolgefahrplan
Es gibt nicht „den einen“ Weg der Nachfolgeregelung, vielmehr bestehen vielfältige Konstellationen.
Das EMF Institut (Institut für Entrepreneurship, Mittelstand und Familienunternehmen) der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR, Berlin) hat zur Visualisierung den modellhaften Nachfolgefahrplan entwickelt (siehe Grafik).    
Der Nachfolgefahrplan stellt die verschiedenen Wege bzw. „Linien“ und Phasen grafisch dar. Da dieser Beitrag auf die Perspektive des Übergebers ausgerichtet ist, befinden wir uns auf der farbigen Linie 1. Wer in Erwägung zieht, selbst ein Unternehmen zu übernehmen, kann sich an einer der weiteren Linien 2 bis 4 orientieren. Die fünf Phasen der erfolgreichen Nachfolgeregelung sind demnach:  
1. Phase: Information & Bestandsaufnahme
2. Phase: Analyse & Strategie
3. Phase: Konzept & Geschäftsplan
4. Phase: Umsetzung & Übertragung
5. Phase: Aufbruch & Leben nach der Übertragung 

Beachten Sie: Schon beim Blick auf den Fahrplan mit den verschiedenen Stationen wird klar, dass es sich um einen langen Weg handelt. Sportlich gesprochen liegt ein Marathon vor den Übergebern ‒ einschließlich Höhen und Tiefen, Erfolgen und Rückschlägen.

3. Phase 1: Information & Bestandsaufnahme
I. d. R. besteht kein Zeitdruck. Unternehmer sind voll und ganz mit dem Tagesgeschäft beschäftigt, wenn zumeist von dritter Seite die Frage der Nachfolgeregelung gestellt wird. Häufig ist dies die Hausbank, wenn Unternehmer ein gewisses Alter erreicht haben. Ist die Nachfolge nicht geregelt oder liegen keine Pläne für den plötzlichen Ausfall des Unternehmers vor, wirkt sich das negativ auf das Kreditrating bei der Bank aus und die Finanzierungskosten steigen. Das ist selbstverständlich nicht im Interesse des Unternehmens. Also fängt der Unternehmer an, sich zu informieren (s. Quellen- und Literaturverzeichnis am Ende des Beitrags) und bewegt sich damit im Fahrplan von der Bereitschaft zur Übergabe(planung) hin zur Formulierung einer Zielsetzung für die Übergabe und zur Notfallvorsorge.   PRAXISTIPP | Im Zuge der Bestandsaufnahme/Standortbestimmung des Unternehmens lässt sich bereits damit beginnen, die Daten und Unterlagen für eine spätere Sorgfältigkeitsprüfung (Due Diligence) zusammenzutragen. Erfahrungsgemäß wird für diese Phase ein Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten veranschlagt. Das gilt nicht etwa, weil die Themen so komplex sind, sondern eher aufgrund der Neigung zur Prokrastination („Aufschieberitis“).

4. Phase 2: Analyse & Strategie
In der zweiten Phase werden die Dinge konkreter. Einzelne Projektschritte können mit einem konkreten Zeitplan und Verantwortlichkeiten im kleinen Kreis der Eingeweihten hinterlegt werden. Die Grenzen zur dritten Phase „Konzept & Geschäftsplan“ sind fließend. Die Planung der künftigen Geschäftsentwicklung ist das gestalterische Vorausdenken der Zukunft des Unternehmens.  

4.1 Der Unternehmenswert
Im ersten Schritt empfiehlt sich eine überschlägige Wertermittlung mit einem Multiplikator für die derzeitige Ertragskraft. Aber Achtung: Es sollte nicht etwa der vom FA angesetzte Kapitalisierungsfaktor von 13,75 verwendet werden, sondern am Markt tatsächlich beobachtete Multiplikatoren. Dafür kann auf die Expertise von Kammern, Beratern oder einschlägigen Publikationen wie dem FINANCE Magazin zurückgegriffen werden.   Häufig ist noch keine saubere Trennung von Vermögenswerten nach Inhaber und Unternehmen erfolgt. Die Erfassung und Zuordnung inkl. steuerlicher Konsequenzen kann gut und gerne zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Sind (ungedeckte) Pensionszusagen für Gesellschafter-Geschäftsführer im Unternehmen vorhanden, die die Übergabefähigkeit des Unternehmens beeinträchtigen oder gar gefährden, sind möglicherweise sogar Lösungsschritte notwendig, die bis zu zehn Jahre Zeit brauchen. Hier ist professionelle Beratung unabdingbar.  

4.2 Der Businessplan
Es stellt sich die Frage, ob das Unternehmen in seiner aktuellen Aufstellung für die kommenden Jahre gewappnet ist oder ob die Marktpositionierung angepasst werden muss. Dazu ist es erforderlich, sich mit der eigenen Position und dem Wettbewerb auseinanderzusetzen.   Ein paar DenkanstößeWie wirkt sich das Thema Digitalisierung auf das Unternehmen, den Markt und die Perspektiven aus?Was bedeuten neue Entwicklungen wie der Nachhaltigkeitstrend, die Energiewende oder neue Antriebstechniken in der Mobilität für die Zukunft des Unternehmens?Wo liegen die Unternehmensstärken, -schwächen und Alleinstellungsmerkmale? 

4.3 Finanzbedarf
Der Businessplan für die künftige Unternehmensentwicklung sieht eine Anpassung des Geschäftsmodells, Wachstum und/oder Investitionen vor? Es ist zu klären, welche Maßnahmen bereits vom Übergeber einzuleiten und zu finanzieren sind. Was kommt auf die Nachfolgenden an Belastungen für den Kaufpreis und weitere Maßnahmen zu? Diese Fragen sind im Rahmen der zu prognostizierenden künftigen Erträge und Zahlungsströme (Cashflow) zu beantworten. Hier bewegen wir uns bereits am Übergang zur dritten Phase, in der die Übergabeform und die Steuern Thema sind. Auch hier verstecken sich Werttreiber oder -vernichter.

5. Phase 3: Konzept & Geschäftsplan
Bei der Entscheidung, wer als Nachfolger infrage kommt, ist zwischen der internen Nachfolge (Familie, Management) undder externen Nachfolge (Investoren und/oder Managementteams als Käufer) zu unterscheiden.  In der Vergangenheit hielten sich interne und externe Nachfolgeregelungen die Waage. Laut KfW ist das Pendel qua Corona-Schock in Richtung Familiennachfolge ausgeschlagen. Bei der Übertragungsform besteht die Möglichkeit der Übertragung von Geschäftsanteilen (Share deal) oder von Vermögenswerten (Asset deal). In der Gestaltung sind rechtliche und steuerliche Aspekte zu klären, um die optimale Transaktionsstruktur zu entwickeln. Hierbei kann ein betriebswirtschaftlicher Berater helfen, die Vorschläge von Anwälten und Steuerberatern auf Praktikabilität in der Nachfolge zu prüfen.   MERKE | Was für den Übergeber von Vorteil ist, ist es für den Übernehmer möglicherweise gerade nicht, sodass ein Zielkonflikt entsteht, der spätestens im Rahmen der Vertragsverhandlungen zutage tritt und aufgelöst werden muss, um die Übergabe zu realisieren. 

6. Phase 4: Umsetzung & Übertragung
Während der Fahrplan mit den drei Stationen „Nachfolge kommunizieren“, „Eigentumsübertragung“ und „Zeit danach planen“ sehr pragmatisch ist, ist hier doch ein erheblicher Zeitaufwand einzuplanen. Das gilt unabhängig davon, ob Familienmitglieder das Unternehmen fortführen, dazu eingearbeitet und sukzessive in Führungsverantwortung hineinwachsen müssen oder ob Käufer gesucht werden. Für einen straff organisierten und gut vorbereiteten Verkaufsprozess sollten sechs bis zwölf Monate angesetzt werden. Eine geordnete Übergabe in der Familie kann durchaus über Jahre dauern. Hier empfiehlt es sich, einen konkreten Zeitplan mit Meilensteinen der Verantwortungsübertagung zu vereinbaren.

7. Phase 5: Aufbruch & Leben nach der Übertragung
Nach der Übernahme geht es für alle Beteiligten darum, die neue Lebensphase erfolgreich zu gestalten. Insbesondere ist die weitere Rolle des Übergebers im und für das Unternehmen zu klären: Zieht sich der Übergeber sofort in sein Privatleben zurück oder bleibt er dem Unternehmen (beratend) erhalten? Wie lange bleibt er ggf. im Unternehmen? etc.  

FAZIT: Unternehmer können nicht zu früh anfangen, sich mit der Nachfolgeregelung zu befassen. Im schlimmsten Fall zwingen Krankheit oder Unfall plötzlich zum Handeln. Auch dann ist es vorteilhaft, einen Plan in der Schublade zu haben. 

  • Weiterführende Hinweise KfW Nachfolge-Monitoring 2021:  www.iww.de/s6077
  • Institut für Mittelstandsforschung: www.iww.de/s6078
  • Nachfolgefahrplan: www.iww.de/s6079
  • Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK): www.iww.de/s6081
  • Empfehlenswerte Website mit allgemeinen Informationen: www.iww.de/s6082
  • Informationen des Bundeswirtschaftsministeriums (Download Broschüre): www.iww.de/s6084Was tun, wenn der Chef ausfällt?: www.iww.de/s6085FINANCE Magazin:

Weitere Informationen

News-Art
Regionalpartner Region Hannover
Weiterführende Website www.iww.de/s6077
Landkreise/Regionen Ammerland, Aurich, Braunschweig,Stadt, Celle, Cloppenburg, Cuxhaven, Delmenhorst,Stadt, Diepholz, Emden,Stadt, Emsland, Friesland, Gifhorn, Goslar, Göttingen, Grafschaft Bentheim, Hameln-Pyrmont, Harburg, Heidekreis, Helmstedt, Hildesheim, Holzminden, Leer, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Nienburg (Weser), Northeim, Oldenburg, Oldenburg(Oldb),Stadt, Osnabrück, Osnabrück,Stadt, Osterholz, Peine, Rotenburg (Wümme), Salzgitter,Stadt, Schaumburg, Stade, Uelzen, Vechta, Verden, Wesermarsch, Wilhelmshaven,Stadt, Wittmund, Wolfenbüttel, Wolfsburg,Stadt, Hannover (Region), Altmarkkreis Salzwedel
Branchen Gesundheit, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Kunst, Unterhaltung und Erholung, Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Wohnungswirtschaft, Erziehung und Unterricht, Baugewerbe, Elektro- und Metallgewerbe, Gastgewerbe und Beherbergung, Großhandel und Handelsvermittlung, Einzelhandel, sonstige Dienstleistung für Unternehmen und Privatpersonen, KfZ-Handel + Reparatur, Holzgewerbe, SHK-Gewerbe, Nahrungsgewerbe
Kammern Handwerkskammer, Industrie und Handelskammer, Sonstige
Unternehmenstypen Freiberuflich, Gewerbe

Bildergalerie

zurück Suche
Letzte Aktualisierung
  • 11.03.2022
Autor
Thomas Löhr
Region Hannover

  • 0511 616-23309
  • thomas.loehr@region-hannover.de